USA: Zinsfantasien oder neue Schockwellen?
Die Märkte blicken gebannt auf den Donnerstag, wenn die neuen US-Inflationszahlen (CPI) veröffentlicht werden. Die Erwartungen: 2,6 % bei der Gesamtinflation, 3,0 % bei der Kernrate. Gelingt eine weitere Abschwächung, könnte das die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen durch die Fed befeuern – ein dringend benötigtes Signal für angeschlagene Tech-Werte und den Nasdaq.
Zusätzliche Spannung bringt das FOMC-Protokoll am Mittwoch: Wie ernst nimmt die US-Notenbank die aktuelle Inflationsentwicklung wirklich? Ein „dovisher Tonfall“ würde als Entspannungssignal wirken – zu bullish sollte sich jedoch niemand wiegen. Die Fed könnte angesichts geopolitischer Risiken und robuster US-Konjunkturdaten erneut vorsichtig auftreten.
Am Freitag folgt der US-Erzeugerpreisindex (PPI) – ein weiteres Puzzlestück zur Frage: Bleibt der Inflationsdruck bestehen oder ebbt er spürbar ab? Ein starker PPI würde die Zinssenkungshoffnungen dämpfen – und den jüngsten Ausverkauf womöglich verlängern.Dazu kommen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, ein Frühindikator, der bei steigenden Zahlen für neue Sorgen sorgen könnte. Der US-Arbeitsmarkt galt lange als Fels in der Brandung. Erste Risse wären ein klares Warnsignal für Investoren.
Eurozone: Konsum als Stabilitätsanker?
Während Zölle, geopolitische Risiken und die US-Geldpolitik die Märkte dominieren, rückt in Europa eine ganz andere Frage in den Fokus: Wie stabil ist der private Konsum?
Am Montag liefert der Einzelhandelsumsatz der Eurozone (Jahresrate) neue Hinweise. Analysten erwarten einen Anstieg auf +1,8 % nach zuvor +1,5 % – ein Zeichen, dass sich die Verbraucherstimmung trotz globaler Unsicherheiten halten könnte. In einem Umfeld, das von schwachen Exporten, hohen Zinsen und dem Zollstreit zwischen den USA und China belastet wird, wäre ein robuster Konsum ein dringend benötigter Stabilisator für die europäische Konjunktur.
Ein positiver Überraschungseffekt könnte sowohl dem Euro als auch dem DAX leichten Rückenwind verschaffen – vor allem, wenn gleichzeitig Entspannungssignale aus den USA kommen. Doch die Abwärtsrisiken überwiegen derzeit: Sollte der Konsum ebenfalls ins Straucheln geraten, wäre das ein herber Rückschlag für die Eurozone, zumal die geldpolitische Flexibilität der EZB begrenzt bleibt.
Zölle weiter das Top-Thema?
Nach dem Schock der Zollankündigungen ist fraglich, ob wirtschaftliche Fundamentaldaten überhaupt für Entspannung sorgen können. Sollte sich die Debatte um Handelskonflikte weiter zuspitzen, dürften selbst positive Daten kaum Kursgewinne ermöglichen. Umgekehrt könnten unerwartet schwache Zahlen, etwa bei der Inflation oder dem Arbeitsmarkt, das Unsicherheitsgefühl weiter verschärfen. Spannend wird also, ob politische Spannungen oder wirtschaftliche Fakten die Oberhand gewinnen. Aktuell spricht vieles dafür, dass die Zolldebatte ein dominierendes Thema bleibt, zumal die Märkte extrem sensibel reagieren.
Unternehmensberichte und Quartalszahlen
In der kommenden Woche erwarten Anleger eine Reihe relevanter Unternehmensberichte und Ereignisse, die wichtige Einblicke in verschiedene Sektoren und makroökonomische Entwicklungen liefern dürften.
Die wichtigsten Quartalszahlen im Überblick (KW15):
Unternehmen | Earnings-Date | EPS Prognose | Umsatz Prognose |
---|---|---|---|
Levi Strauss A | Montag, 7. April | 0,28 | 1,54 Mrd. |
RPM | Dienstag, 8. April | 0,5113 | 1,51 Mrd. |
Walgreen Boots | Dienstag, 8. April | 0,5303 | 38 Mrd. |
Cal-Maine | Dienstag, 8. April | 5,4 | 689,25 Mio. |
Delta Air Lines | Mittwoch, 9. April | 0,4414 | 13,11 Mrd. |
Progressive | Donnerstag, 10. April | 4,74 | 21,6 Mrd. |
JPMorgan | Freitag, 11. April | 4,62 | 43,9 Mrd. |
Wells Fargo&Co | Freitag, 11. April | 1,23 | 20,75 Mrd. |
Morgan Stanley | Freitag, 11. April | 2,26 | 5,38 Mrd. |
BlackRock | Freitag, 11. April | 10,76 | 5,38 Mrd. |
Deutsche Telekom Hauptversammlung
Am 9. April findet die Hauptversammlung der Deutschen Telekom AG statt. Im Fokus steht die Beschlussfassung über die Dividende für das Geschäftsjahr 2024, bei der eine Ausschüttung von 0,90 Euro je Aktie zur Abstimmung vorgelegt wird. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich investiert – unter anderem in den 5G-Netzausbau sowie in Glasfaserinfrastruktur – und dabei auch den US-Marktanteil durch T-Mobile US weiter ausgebaut. Die Erhöhung der Dividende von 0,77 Euro im Vorjahr auf nun 0,90 Euro untermauert die Erwartung einer nachhaltigen Ertragskraft und markiert einen Anstieg von rund 17 %. Vor allem einkommensorientierte Investoren beobachten die Telekom-Aktie vor dem Hintergrund ihrer attraktiven Dividendenrendite, die bei einem aktuellen Kurs von etwa 33 Euro (Stand Anfang April 2025) nun bei rund 2,7 % liegt, genau.
Barry Callebaut: Belastungsprobe durch Kakaopreisexplosion
Am 10. April legt Barry Callebaut die Halbjahresergebnisse für das Geschäftsjahr 2024/25 vor. Der weltweit führende Hersteller von Schokoladen- und Kakaoprodukten steht aktuell im Zentrum der Aufmerksamkeit: Der Kakaopreis hat sich binnen eines Jahres mehr als verdoppelt, getrieben durch Wetterextreme, Ernteausfälle in Westafrika und Lieferkettenengpässe. Investoren erhoffen sich Hinweise darauf, inwieweit Barry Callebaut die gestiegenen Rohstoffkosten durch Preisanpassungen oder Effizienzmaßnahmen kompensieren kann. Die Zahlen gelten als Stimmungsindikator für den gesamten Lebensmittelsektor und könnten auch Rückschlüsse auf die Margenentwicklung bei Konsumgütern ermöglichen.
US-Finanzriesen im Quartalscheck
Den krönenden Abschluss der Woche bilden am 11. April 2025 die Quartalszahlen mehrerer US-Finanzinstitute: JPMorgan Chase, Wells Fargo, Morgan Stanley und BlackRock. Die Zahlen der Großbanken gelten als wichtige Orientierungshilfe für Marktteilnehmer, sowohl hinsichtlich der Kreditnachfrage im Privat- und Unternehmenskundengeschäft, als auch im Hinblick auf die Kapitalmarktaktivitäten. Während JPMorgan und Wells Fargo traditionell starke Einblicke in das Konsumentenverhalten und den Zustand des US-Kreditmarktes bieten, stehen bei Morgan Stanley und BlackRock insbesondere die Entwicklung der Vermögensverwaltungsvolumina und die Einschätzung zur Zinspolitik im Vordergrund. Eine solide Geschäftsentwicklung dieser Häuser könnte als Vertrauenssignal für die Resilienz der US-Wirtschaft interpretiert werden – schwache Zahlen hingegen würden die Nervosität an den Märkten angesichts der Zinsunsicherheiten weiter schüren.
Markttechnische Lage: Bullen im Rückzug – oder schon überverkauft?
Die vergangene Woche hat an den globalen Finanzmärkten deutliche Spuren hinterlassen, und der Ausblick für die kommende Woche verspricht weiterhin Spannung. Ein Blick auf die wichtigsten Indizes – DAX, S&P 500 und Nasdaq – zeigt eine gemischte Lage mit klaren charttechnischen Marken, die in den nächsten Tagen entscheidend sein könnten.
DAX
Mit einem Rückgang von fast 5 % am Freitag hat der DAX nicht nur die psychologisch wichtige 21.000er-Marke, sondern auch die 100-Tage-Linie (ca. 21.438 Punkte) deutlich unterschritten. Der Schlussstand bei 20.641 Punkten markiert ein Wochenminus von über 8 %.
Nächste wichtige Zone: Die 200-Tage-Linie bei rund 20.340 Punkten. Sollte auch diese Marke fallen, droht ein tiefer Rücksetzer in Richtung 19.800 bis 20.000 Punkte.
Ob sich der Markt kurzfristig stabilisieren kann, dürfte stark davon abhängen, wie politische Entscheidungsträger in Europa auf die neuen US-Maßnahmen reagieren.
S&P 500
Der S&P 500 ist in den letzten Tagen massiv unter Druck geraten – ausgelöst durch die neuen US-Zölle, geopolitische Spannungen und schwankende Konjunkturdaten. Am Freitag, den 4. April 2025, verlor der Index fast 6 % und schloss bei 5.074 Punkten, was einem deutlichen Rutsch unter die 200-Tage-Linie (aktuell bei 5.691 Punkten) gleichkommt. Diese wichtige technische Unterstützung wurde schon in der vorherigen Woche durchbrochen, ein deutliches Warnsignal für den breiten Markt.Kurzfristige Unterstützungen könnten sich im Bereich um 5.000 bis 5.040 Punkte finden, während darunter der nächste relevante Bereich um 4.900 Punkte liegt. Die technische Lage ist angespannt: Der RSI(14) liegt bei 17,92 und deutet auf einen überverkauften Zustand hin. Auch der MACD zeigt ein starkes Verkaufssignal. Eine kurzfristige Erholung ist technisch zwar möglich, doch sie steht unter dem Vorbehalt politischer Entspannung und klarer Signale von Konjunkturseite.
Nasdaq-100
Der Nasdaq 100 ist ebenfalls stark unter Druck geraten. Nach einem Kursverlust von über 6 % am Freitag schloss der Technologieindex bei 17.397 Punkten. Damit wurde nicht nur die psychologisch wichtige Marke von 18.000 Punkten unterschritten, sondern auch die 200-Tage-Linie (aktuell bei 20.028 Punkten) deutlich unterschritten.
Aus technischer Sicht befindet sich der Nasdaq 100 in einer überverkauften Lage: Der RSI(14) liegt bei 20,2, auch der MACD signalisiert Verkaufssignale.Kurzfristig ist ein technischer Rebound möglich, sollte es zu einer Beruhigung der geopolitischen Lage oder positiven Unternehmensmeldungen kommen. Solange jedoch kein nachhaltiger Rebreak über die 200-Tage-Linie gelingt, bleibt der mittelfristige Ausblick angeschlagen.
Fazit Kalenderwoche 15
Die neue Börsenwoche startet unter Hochspannung: Zölle, Zinsen, Quartalszahlen und Konjunkturdaten – alles trifft in einem Umfeld aufeinander, das ohnehin nervlich belastet ist.
Die Märkte sind technisch überverkauft, doch politisch bleibt die Lage brandgefährlich. Die große Frage lautet: Was dominiert die Schlagzeilen – wirtschaftliche Fakten oder geopolitische Rhetorik?
Vor allem die Kombination aus US-Inflationsdaten, dem FOMC-Protokoll und den ersten Quartalszahlen großer US-Banken könnte die Richtung vorgeben. Gleichzeitig bleibt die Unsicherheit rund um den Zollstreit ein ständiger Risikofaktor – mit Potenzial für plötzliche Kursausschläge in beide Richtungen. Anleger tun gut daran, sich in KW15 auf hohe Volatilität, kurzfristige Richtungswechsel und starke Reaktionen auf einzelne Datenpunkte einzustellen.