Berechnet wird das EPS, indem der Netto-Gewinn nach Steuern (oft bereinigt um Sonderfaktoren) durch die durchschnittlich ausstehenden Aktien während eines bestimmten Zeitraums geteilt wird. Je höher das EPS, desto mehr Gewinn steht theoretisch jedem Aktionär pro Aktie zu. Dabei wird häufig zwischen dem verwässerten EPS (inkl. potenzieller neuer Aktien) und dem Basis-EPS unterschieden.
Was ist der Gewinn pro Aktie/Earnings per Share?
Das EPS basiert auf dem Jahresüberschuss eines Unternehmens – also dem Gewinn nach Steuern – und setzt diesen ins Verhältnis zur Anzahl der ausgegebenen Aktien. Damit spiegelt es wider, wie viel eines Unternehmensgewinns auf eine einzelne Aktie entfällt.
In Geschäftsberichten wird das EPS oft prominent ausgewiesen, da es eine der ersten Kennzahlen ist, auf die Investoren achten. Vor allem bei börsennotierten Unternehmen ist es ein entscheidender Faktor, wenn es um Analystenerwartungen und Kursreaktionen nach Quartalszahlen geht. Fällt das veröffentlichte EPS besser oder schlechter aus als erwartet, kann das unmittelbare Auswirkungen auf den Aktienkurs haben.
Besonders wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen dem Basis-EPS (auf Basis der aktuellen Aktienanzahl) und dem verwässerten EPS, bei dem auch potenzielle neue Aktien (z. B. durch Optionen oder Wandelanleihen) berücksichtigt werden. Diese Unterscheidung zeigt: EPS ist nicht nur eine einfache Rechenaufgabe, sondern muss im Kontext interpretiert werden.
EPS einfach erklärt – mit Beispiel
Stellen wir uns ein börsennotiertes Unternehmen vor – nennen wir es TechStar AG. Das Unternehmen veröffentlicht seinen Jahresabschluss und meldet einen Jahresüberschuss von 240 Millionen Euro. Im selben Jahr waren im Durchschnitt 120 Millionen Aktien im Umlauf.
Die Berechnung des EPS sieht dann so aus:

Das heißt: Jede Aktie der TechStar AG hat im vergangenen Jahr 2,00 € Gewinn „erwirtschaftet“. Als Aktionär bedeutet das, dass dein Anteil am Unternehmensgewinn – unabhängig von der Dividende – rechnerisch bei 2 Euro pro Aktie liegt.
Vergleich mit einem zweiten Jahr:
Angenommen, TechStar AG steigert im Folgejahr den Gewinn auf 300 Millionen Euro, kauft aber gleichzeitig eigene Aktien zurück, sodass nur noch 100 Millionen Aktien im Umlauf sind. Dann ergibt sich:

Obwohl der Gewinn um 25 % gestiegen ist, ist das EPS sogar um 50 % gestiegen – dank der geringeren Aktienanzahl. Solche Effekte machen deutlich, warum das EPS als Maßstab pro Aktie besonders aussagekräftig ist – und warum Aktienrückkäufe bei Investoren beliebt sein können.
Warum ist EPS so wichtig?
Das Earnings per Share (EPS) zählt zu den wichtigsten Kennzahlen in der Bewertung von Aktien – und das aus gutem Grund. Für Anleger, Analysten und Trader liefert es einen klaren Hinweis darauf, wie viel Gewinn ein Unternehmen auf eine einzelne Aktie erwirtschaftet. Das macht EPS zu einem direkten Maßstab für die Ertragskraft pro Anteil, was besonders bei der Auswahl von Investments und beim Vergleich mehrerer Unternehmen entscheidend ist.
Ein hoher oder steigender EPS-Wert deutet darauf hin, dass ein Unternehmen wirtschaftlich effizient arbeitet und seinen Aktionären potenziell steigende Erträge bietet – sei es in Form von Dividenden oder durch Kurssteigerungen. Gerade im Rahmen von Quartalszahlen spielt EPS eine Schlüsselrolle: Unternehmen, die das erwartete EPS übertreffen („Earnings Beat“), werden häufig mit deutlichen Kursgewinnen belohnt. Verfehlen sie die Erwartungen, kann der Kurs dagegen kräftig unter Druck geraten.
Darüber hinaus ist EPS ein zentraler Bestandteil vieler weiterer Kennzahlen – etwa des KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnisses), das zeigt, wie hoch der Markt bereit ist, den Gewinn eines Unternehmens zu bewerten. Ohne EPS wäre eine Bewertung wie „diese Aktie ist günstig oder teuer“ kaum möglich. Für viele Investoren ist das EPS zudem ein Einstiegspunkt in die qualitative Analyse: Wie stabil wächst der Gewinn? Woher kommt er? Ist er nachhaltig?
Kurz gesagt: EPS verbindet Unternehmensleistung mit Aktionärsperspektive – und ist damit einer der ersten Ankerpunkte jeder Fundamentalanalyse. Wer EPS richtig versteht und einordnet, ist einen entscheidenden Schritt näher an einer fundierten Investmententscheidung.
EPS in der Fundamentalanalyse
In der Fundamentalanalyse geht es darum, den inneren Wert eines Unternehmens zu ermitteln – und das EPS spielt dabei eine zentrale Rolle. Es zeigt nicht nur, wie profitabel ein Unternehmen im Verhältnis zu seiner Aktienanzahl ist, sondern dient auch als Ausgangspunkt für eine Vielzahl von Analysen, die über die reine Zahl hinausgehen.
Ein wichtiges Anwendungsfeld ist die Bewertung der Gewinnentwicklung über die Zeit. Investoren achten nicht nur auf das aktuelle EPS, sondern vor allem darauf, ob und wie stark es im Zeitverlauf wächst. Stetiges EPS-Wachstum deutet auf ein robustes Geschäftsmodell und steigende Ertragskraft hin – das sind genau die Qualitäten, die langfristige Anleger suchen.
Gerade Wachstumsinvestoren analysieren das dynamische EPS-Wachstum über mehrere Jahre hinweg, um zu erkennen, ob ein Unternehmen seine Gewinne nachhaltig steigern kann. Auch das zukünftige erwartete EPS (also Analystenschätzungen für kommende Jahre) fließt in viele Bewertungsmodelle ein, etwa in das Discounted-Cashflow-Verfahren oder bei der Einschätzung von Gewinnpotenzialen.
Für fundamentale Screening-Strategien – wie sie auch viele institutionelle Investoren oder quantitative Modelle nutzen – ist das EPS ebenfalls ein fester Bestandteil. In Kombination mit anderen Kennzahlen wie Umsatzwachstum, Eigenkapitalquote oder Free Cashflow kann es helfen, qualitativ hochwertige Unternehmen systematisch zu identifizieren.
EPS-Kennzahlen im Trading & Screening
Während das EPS in der klassischen Fundamentalanalyse vor allem zur langfristigen Bewertung eines Unternehmens herangezogen wird, spielt es im Trading und beim Screening eine besonders dynamische Rolle. Viele erfolgreiche Trader – insbesondere solche, die auf Wachstum und Momentum setzen – achten nicht nur auf das aktuelle EPS, sondern auch auf die Veränderung, Entwicklung und Prognosen dieser Kennzahl.
Gerade in der Vor- und Nachberichterstattung von Quartalszahlen (Earnings Season) kann ein stärker oder schwächer als erwartetes EPS zu schnellen Kursbewegungen führen. Trader nutzen daher spezialisierte EPS-Kennzahlen, um potenzielle Kursreaktionen vorherzusehen oder Screening-Kriterien für Setups zu definieren.
In Screenern wie Finviz, TradingView, Marketscreener oder professionellen Tools wie MarketSmith tauchen eine Vielzahl an EPS-bezogenen Kennzahlen auf. Diese liefern nicht nur Rückschlüsse auf die Gewinnqualität eines Unternehmens, sondern helfen auch bei der Erkennung von Gewinnwachstumstrends, Momentum-Potenzialen und Über- bzw. Unterperformance im Sektorvergleich.
Im Folgenden findest du eine Übersicht der wichtigsten EPS-Kennzahlen:
EPS-Kennzahl | Bedeutung |
---|---|
EPS (ttm) | Earnings per Share der letzten 12 Monate (trailing twelve months). Zeigt den realisierten Gewinn je Aktie im zurückliegenden Jahr. Wichtig für aktuelle Bewertung. |
EPS this Y | Erwartetes EPS für das laufende Geschäftsjahr. Zeigt, mit welchem Gewinn pro Aktie Analysten bis Jahresende rechnen. |
EPS next Y | Erwartetes EPS für das nächste Geschäftsjahr. Nützlich zur Einschätzung zukünftiger Ertragskraft. |
EPS next Q | Erwartetes EPS für das nächste Quartal. Besonders wichtig in der Earnings Season für kurzfristige Trader. |
EPS next 5Y | Prognostiziertes durchschnittliches jährliches EPS-Wachstum über die nächsten 5 Jahre. Zeigt langfristige Wachstumserwartung. |
EPS past 5Y | Tatsächliches durchschnittliches jährliches EPS-Wachstum in den letzten 5 Jahren. Hilft, Wachstumskonstanz zu beurteilen. |
EPS Y/Y (TTM) | Year-over-Year-Vergleich des EPS (ttm) im Vergleich zum Vorjahr. Zeigt das Gewinnwachstum im Jahresvergleich. |
EPS Q/Q | Quartalsweises EPS-Wachstum im Vergleich zum Vorquartal. Wichtig für Momentum-Trader zur Beurteilung kurzfristiger Dynamik. |
Anwendung im Trading
- Momentum-Strategien fokussieren sich häufig auf Unternehmen mit stark steigendem EPS Y/Y oder Q/Q – denn steigende Gewinne treiben oft steigende Kurse.
- Breakout-Trader nutzen EPS next Q oder EPS-Berichte als Auslöser für schnelle Kursbewegungen nach oben oder unten.
- Wachstums-Trader (à la Minervini oder CANSLIM) achten besonders auf EPS-Wachstum in Kombination mit Umsatzwachstum und Kursverhalten.
- Screener-Filter wie „EPS past 5Y > 15%“ oder „EPS next Y > 20%“ helfen dabei, Aktien mit überdurchschnittlicher Gewinnentwicklung zu identifizieren.
Grenzen und Fallstricke von EPS
So wichtig und weit verbreitet das Earnings per Share (EPS) auch ist – wie jede Kennzahl hat auch sie ihre Schwächen. Wer EPS richtig einordnen will, sollte sich der potenziellen Fallstricke bewusst sein, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Bilanztricks und Einmaleffekte
Das EPS basiert auf dem Netto-Gewinn, der durch einmalige Sondereffekte – etwa Unternehmensverkäufe, Abschreibungen oder Rückstellungen – verzerrt werden kann. Ein starkes EPS in einem Jahr muss nicht zwangsläufig eine gute operative Leistung widerspiegeln. Deshalb ist es wichtig, zusätzlich auf das bereinigte EPS (adjusted EPS) zu achten, das diese Einmaleffekte herausrechnet.
Aktienrückkäufe als künstlicher Boost
Unternehmen können das EPS steigern, ohne tatsächlich profitabler zu werden – etwa durch Aktienrückkäufe. Da das EPS den Gewinn durch die Anzahl der ausstehenden Aktien teilt, führt eine sinkende Aktienanzahl automatisch zu einem höheren EPS. Das kann den Eindruck von Wachstum erwecken, obwohl der Gewinn konstant bleibt oder sogar leicht zurückgeht.
Verwässerung durch Kapitalmaßnahmen
Gerade bei stark wachsenden Unternehmen oder Start-ups mit Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen können Aktienoptionen, Wandelanleihen oder Kapitalerhöhungen das EPS langfristig verwässern. Deshalb sollte man bei der Analyse unbedingt auch das verwässerte EPS (diluted EPS) beachten, das solche Effekte bereits einbezieht.
Unterschiedliche Rechnungsstandards
Je nachdem, ob ein Unternehmen nach IFRS (Europa) oder US-GAAP (USA) bilanziert, können sich Unterschiede in der EPS-Berechnung ergeben. Gewinndefinitionen, Rückstellungen oder Abschreibungsregeln weichen teilweise stark voneinander ab – das macht internationale Vergleiche schwieriger.