Return on Equity (ROE)

Return on Equity - Roe Bedeutung

Inhalt

Der ROE gibt an, wie viel Gewinn ein Unternehmen im Verhältnis zum durchschnittlichen Eigenkapital innerhalb eines bestimmten Zeitraums erzielt. Er wird berechnet, indem der Jahresüberschuss durch das durchschnittliche Eigenkapital dividiert wird, und wird üblicherweise in Prozent angegeben. Ein hoher ROE deutet darauf hin, dass ein Unternehmen effizient mit dem Kapital seiner Aktionäre arbeitet, während ein niedriger ROE auf eine schwächere Kapitalnutzung hindeuten kann.

Return on Equity (ROE) berechnen

Die Eigenkapitalrendite (ROE) lässt sich in drei einfachen Schritten ermitteln:

1. Schritt: Nettogewinn ermitteln
Der Nettogewinn ist der Jahresüberschuss eines Unternehmens nach Abzug aller operativen Kosten, Steuern und sonstiger Aufwendungen. 

2. Schritt: Durchschnittliches Eigenkapital ermitteln
Das durchschnittliche Eigenkapital wird ermittelt, indem das Eigenkapital zu Beginn und am Ende des betrachteten Zeitraums addiert und durch zwei geteilt wird. Diese Glättung verhindert Verzerrungen durch saisonale Schwankungen oder einmalige Kapitalmaßnahmen.

3. Schritt: ROE berechnen

Diese Formel zeigt an, wie viel Prozent Gewinn mit jedem Euro Eigenkapital erzielt wurde.

Rechenbeispiel

Ein Unternehmen erwirtschaftet im Jahr einen Gewinn von 2 Millionen Euro. Das durchschnittliche Eigenkapital beträgt 10 Millionen Euro.

ROE = (2.000.000 / 10.000.000) × 100 = 20 %

Das bedeutet der Return on Equity (ROE) beträgt 20 %.

Muss ich den ROE selbst berechnen?

In der Praxis müssen Anleger den ROE in der Regel nicht selbst berechnen – denn viele Unternehmen veröffentlichen diese Kennzahl direkt in ihren Geschäfts- und Quartalsberichten. Besonders im sogenannten Lagebericht (auf Englisch häufig „Management Discussion & Analysis“, kurz MD&A genannt) wird die Eigenkapitalrendite oft explizit angegeben. Meistens findet sich der ROE dort gemeinsam mit weiteren Rentabilitätskennzahlen wie der Gesamtkapitalrendite (ROA) oder der EBIT-Marge. Einige Unternehmen weisen zusätzlich einen „adjusted ROE“ aus – eine bereinigte Version ohne einmalige Sondereffekte.

Darüber hinaus steht der ROE auf zahlreichen Finanzportalen und Börsenseiten zur Verfügung. Wer jedoch direkten Zugriff auf die offizielle Primärquelle bevorzugt, sollte die Jahres- und Quartalsberichte im Investor-Relations-Bereich der Unternehmenswebsite abrufen. Diese Berichte stehen meist als PDF zur Verfügung und beinhalten eine Kennzahlenübersicht („Key Financials“), in der sich der ROE typischerweise wiederfindet.

Interpretation des Return on Equity

Der ROE ist eine aussagekräftige Kennzahl zur Beurteilung der Kapitalrentabilität. Seine Aussagekraft hängt aber stark vom Zusammenhang ab:

  • Kapitalnutzung: Ein hoher ROE spricht dafür, dass das Unternehmen das Eigenkapital seiner Anteilseigner gut einsetzt.
  • Branchenvergleich: Die Aussagekraft steigt, wenn man Unternehmen innerhalb derselben Branche vergleicht, da Kapitalstrukturen stark variieren können.
  • Zeitliche Entwicklung: Eine kontinuierliche Verbesserung des ROE kann auf eine positive Unternehmensentwicklung hindeuten.
  • Hebelwirkung durch Schulden: Ein hoher ROE kann durch einen geringen Eigenkapitalanteil und hohe Fremdfinanzierung verzerrt werden. Deshalb sollte man zusätzlich auf die Eigenkapitalquote achten.
  • Ausschüttung oder Reinvestition: Unternehmen mit solidem ROE können Gewinne entweder effizient reinvestieren oder stabile Dividenden zahlen.

Was ist ein guter ROE-Wert?

Ob ein ROE als „gut“ gilt, lässt sich nicht pauschal beantworten – denn die Aussagekraft dieser Kennzahl hängt stark von der jeweiligen Branche, dem Geschäftsmodell und der Kapitalstruktur des Unternehmens ab. Grundsätzlich gilt: Je höher der ROE, desto effizienter wird das Eigenkapital eingesetzt. Ein ROE über 15 % wird in vielen Branchen als solide bis sehr gut eingestuft. In kapitalintensiven Branchen wie Industrie, Energie oder Versorger sind jedoch bereits Werte ab 8–10 % beachtlich. In margenstarken Bereichen wie Technologie, Konsumgüter oder Finanzdienstleistungen können hingegen auch 20 % und mehr erreicht werden.

Wichtig ist der Vergleich innerhalb einer Peer Group. Ein Technologieunternehmen mit 18 % ROE mag unterdurchschnittlich sein, wenn die Konkurrenz bei 25 % liegt. Umgekehrt kann ein Handelsunternehmen mit 12 % ROE hervorragend abschneiden, wenn der Branchenschnitt bei 8 % liegt. Zudem ist die Stabilität über die Jahre entscheidend: Ein dauerhaft hoher ROE spricht für ein robustes Geschäftsmodell und konsequente Kapitaldisziplin.

Auch der Kontext zählt: Ein Unternehmen mit niedrigem ROE, aber hoher Reinvestitionsquote und starkem Wachstumspotenzial kann langfristig attraktiver sein als ein Konzern mit kurzfristig hoher Kapitalrendite, der jedoch nicht mehr wächst. Deshalb sollte der ROE stets im Zusammenspiel mit anderen Kennzahlen wie dem Return on Invested Capital (ROIC), der Eigenkapitalquote und dem Gewinnwachstum analysiert werden.

Grenzen des ROE

Obwohl der ROE eine zentrale Kennzahl zur Bewertung der Eigenkapitalrentabilität darstellt, besitzt er konzeptionelle und praktische Schwächen, die bei der Interpretation nicht vernachlässigt werden dürfen. Die folgenden Aspekte beleuchten die wichtigsten Grenzen dieser Kennzahl:

Verschleierung durch den Leverage-Effekt

Ein hoher ROE kann durch eine hohe Fremdkapitalquote entstehen. Je geringer das Eigenkapital, desto größer ist bei gleichem Gewinn der ROE. Diese Hebelwirkung nennt man Leverage-Effekt. Unternehmen mit hoher Verschuldung können dadurch künstlich gute Eigenkapitalrenditen ausweisen, obwohl das Risiko steigt. Je stärker das Unternehmen fremdfinanziert ist, desto empfindlicher reagiert es auf Zinsveränderungen und wirtschaftliche Abschwünge. Ein vermeintlich attraktiver ROE kann also in Wahrheit Ausdruck eines erhöhten Insolvenzrisikos sein.

Beispiel: Zwei Unternehmen haben jeweils einen Gewinn von 1 Million Euro. Das erste hat 10 Millionen Euro Eigenkapital (ROE = 10 %), das zweite nur 2 Millionen Euro Eigenkapital (ROE = 50 %). Trotz gleichem Gewinn wirkt das zweite Unternehmen deutlich profitabler, obwohl es stärker verschuldet ist.

Einmaleffekte und Sondereinflüsse

Einmalige Gewinne, z. B. durch den Verkauf von Vermögenswerten oder Beteiligungen, können den ROE kurzfristig aufblähen. Diese Sondereffekte spiegeln jedoch keine operative Stärke wider und sind für die zukünftige Ertragskraft oft irrelevant. Analysten sollten daher auf bereinigte Kennzahlen achten oder den ROE um außergewöhnliche Positionen korrigieren. Andernfalls droht die Gefahr, die Profitabilität des Unternehmens zu überschätzen.

Bilanzpolitische Gestaltungsspielräume

Der ROE kann gezielt beeinflusst werden, indem Unternehmen ihr Eigenkapital künstlich reduzieren – etwa durch Aktienrückkäufe oder nicht ausgeschüttete Gewinne. Auch bilanzielle Bewertungswahlrechte, wie die Höhe von Abschreibungen oder Rückstellungen, bieten Spielräume zur Manipulation. In der Folge entsteht ein höherer ROE, der nicht auf einer verbesserten operativen Leistung, sondern auf bilanziellen Maßnahmen basiert. Für Anleger ist es daher wichtig, die Herkunft des ROE-Anstiegs kritisch zu hinterfragen.

Fehlende Aussagekraft bei Verlusten

Ein negativer ROE signalisiert einen Verlust, ist jedoch mathematisch und wirtschaftlich nur schwer sinnvoll interpretierbar. In bestimmten Fällen, etwa bei negativem Eigenkapital, kann der ROE sogar extrem hohe negative Werte annehmen, die keine realistische Aussagekraft besitzen. Für Verlustjahre ist der ROE daher wenig geeignet. Andere Kennzahlen wie EBIT-Marge oder operativer Cashflow bieten in solchen Phasen aussagekräftigere Einblicke.

Keine Aussage über Wachstum

Der ROE misst, wie effizient vorhandenes Eigenkapital genutzt wird – nicht jedoch, ob und wie stark ein Unternehmen zukünftig wachsen kann. Ein hoher ROE kann in einem stagnierenden oder schrumpfenden Unternehmen auftreten, wenn beispielsweise kaum investiert wird. Für Investoren, die auf wachstumsstarke Unternehmen setzen, sind zusätzliche Kennzahlen wie der Return on Invested Capital (ROIC), das Umsatzwachstum oder die Investitionsquote unverzichtbar. Der ROE liefert in diesem Kontext nur ein unvollständiges Bild.

Anwendungsgebiete von Return on Equity (ROE)

Die Eigenkapitalrendite (ROE) findet in verschiedenen Bereichen Anwendung. Ihr Hauptnutzen liegt in der Beurteilung der Kapitalrentabilität – sowohl aus Sicht externer Investoren als auch aus Sicht interner Unternehmensführung. Im Folgenden werden die wichtigsten Anwendungsgebiete differenziert dargestellt.

Aktienanalyse und Investmententscheidungen

An der Börse ist der ROE eine der am häufigsten genutzten Kennzahlen zur Beurteilung der Profitabilität von Unternehmen. Analysten, institutionelle Investoren und Privatanleger nutzen ihn, um:

  • die Kapitalrendite verschiedener Aktiengesellschaften miteinander zu vergleichen – insbesondere innerhalb derselben Branche.
  • die Fähigkeit eines Unternehmens zu beurteilen, nachhaltig Werte für Aktionäre zu schaffen – ein konstanter oder steigender ROE gilt oft als Zeichen effizienter Unternehmensführung.
  • Turnarounds zu identifizieren – ein verbesserter ROE über mehrere Jahre hinweg kann ein Hinweis auf operative Verbesserungen sein.
  • Unternehmen mit Shareholder-Value-orientierter Strategie zu erkennen, da diese oft auf eine hohe Eigenkapitalrendite hinarbeiten.

In Kombination mit anderen Kennzahlen wie der Eigenkapitalquote, dem Return on Invested Capital (ROIC) oder der Gesamtkapitalrendite (ROA) ergibt sich ein umfassenderes Bild der wirtschaftlichen Qualität eines Unternehmens.

Unternehmensführung und internes Controlling

Auch im internen Controlling dient der ROE als Erfolgskennzahl. Das Management nutzt ihn, um:

  • Renditeziele zu formulieren und zu überprüfen, ob das eingesetzte Kapital ausreichend verzinst wird.
  • Investitionsentscheidungen zu bewerten, insbesondere dann, wenn es um den effizienten Einsatz von Eigenmitteln geht.
  • die Kapitalstruktur aktiv zu steuern, z. B. durch gezielte Rückkäufe eigener Aktien, Dividendenpolitik oder den Einsatz von Fremdkapital zur Renditesteigerung.

Insbesondere in kapitalintensiven Branchen kann ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ROE und Verschuldung die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend beeinflussen.

Bankenaufsicht und Regulierung

Im Bankensektor ist der ROE ebenfalls ein bedeutender Indikator, insbesondere im Kontext der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen. Finanzinstitute müssen darauf achten, dass sie mit dem regulatorisch vorgeschriebenen Eigenkapital eine angemessene Rendite erwirtschaften, ohne dabei übermäßige Risiken einzugehen.

  • Die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Aufsichtsbehörden betrachten den ROE als Teil der Beurteilung der Stabilität und Rentabilität eines Kreditinstituts.
  • Ein zu niedriger ROE kann Hinweise auf Ineffizienz oder Überkapitalisierung liefern, während ein sehr hoher ROE unter Umständen auf ein überhöhtes Risiko hindeutet.

Wirtschaftsprüfung und Bewertung

Wirtschaftsprüfer und Gutachter nutzen den ROE als Bestandteil von Plausibilitätsprüfungen in Jahresabschlüssen und bei Unternehmensbewertungen. Besonders bei Discounted-Cashflow-Modellen oder der Analyse von Peer Groups liefert der ROE wichtige Hinweise zur Einordnung von Ergebnissen und Annahmen.

  • In der Unternehmensbewertung dient er häufig als Vergleichskennzahl im Multiplikatorenansatz (z. B. ROE vs. KGV).
  • Bei Due-Diligence-Prüfungen fließt er in die Einschätzung der historischen und zukünftigen Ertragskraft ein.

Braucht man die ROE-Kennzahl im DCF-Modell?

Nein, der ROE (Return on Equity) ist im klassischen DCF-Modell nicht direkt notwendig, aber indirekt relevant.  Der Unternehmenswert im DCF-Modell ergibt sich durch die Abzinsung zukünftiger Free Cashflows – diese hängen primär von Umsatz, Margen, Investitionen und dem Diskontierungszins ab. Der ROE fließt also nicht direkt in die mathematische Berechnung ein.

ABER: Der ROE liefert dir extrem wichtige Zusatzinformationen, wenn du deine Annahmen validieren willst:

  • Kapitalrenditen: Ein hoher oder niedriger ROE sagt dir etwas über die Effizienz des Unternehmenskapitals.
  • Wachstumsannahmen: Zusammen mit der Ausschüttungsquote (Payout Ratio) hilft dir der ROE, das nachhaltige Wachstum (SGR = ROE × Gewinnretentionsrate) abzuleiten, das du z.B. in die ewige Rente im DCF-Modell einbaust.
  • Kapitalbedarf: Ein Unternehmen mit hohem ROE braucht tendenziell weniger neues Kapital für Wachstum → weniger Verwässerung → besser für die Modellierung der Equity-Seite.

Bedeutung des ROE im Trading

Im kurzfristig orientierten Trading steht der ROE nicht im Mittelpunkt der Entscheidungsfindung – zu schnelllebig sind Kursbewegungen, zu dominant technische Faktoren oder Marktstimmung. Und doch kann der ROE auch für Trader eine wichtige Rolle spielen – insbesondere bei der Auswahl von Aktien, die überhaupt erst auf die Watchlist kommen sollen.

Ein stabiler und überdurchschnittlicher ROE gilt als Indikator für ein effizient geführtes, profitables Unternehmen – Eigenschaften, die oft mit einem positiven Momentum einhergehen. Viele Trader, die Fundamentaldaten als Filter verwenden, nutzen den ROE, um „Qualitätsaktien“ von spekulativen Werten zu unterscheiden. So fließt der ROE etwa in Screener-Kriterien ein, wenn z. B. nach Breakout-Kandidaten gesucht wird, die auch fundamental überzeugend sind. 

Darüber hinaus kann der ROE bei der Risikoabschätzung helfen: Werte mit extrem hohem, aber inkonsistentem ROE könnten auf übermäßige Verschuldung oder Sondereffekte hindeuten. Solche Aktien neigen oft zu erratischem Verhalten – etwas, das viele Trader meiden. Kurz gesagt: Der ROE ist im Trading kein Timing-Instrument, aber ein Qualitätsfilter, der dabei hilft, bessere Setups zu identifizieren und strukturell schwache Titel frühzeitig auszuschließen.

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